Widerstand aus Gemeinden gegen Windräder wird immer grösser

    Initiativen aus der Bevölkerung verlangen, dass ein Mindestabstand von Windkraftanlagen zu Siedlungen eingehalten wird.

    (Bild: PEXELS) Widerstand von unten: Betroffene Bürger wehren sich gegen Windrad-Diktat.

    Gegen den geplanten massiven Ausbau der Windenergie im Kanton Zürich formiert sich immer mehr Widerstand. Nicht nur haben mehrere Gemeinden die Pläne scharf kritisiert und abgelehnt, auch aus der Bevölkerung gibt es eine Welle von Initiativen für einen Mindestabstand. Der Abstand zu Windrädern bemisst sich in der Schweiz ausschliessliche durch die Lärmschutzverordnung, und daraus ergeben sich nur ca. 300 Meter, viel zu wenig bei einer Höhe der Windturbinen von 220 Metern!

    Das ist einer der wunden Punkte in Zürich, denn um die geplanten 120 Windräder im extrem dicht besiedelten und von Infrastrukturanlagen wie dem Flughafen belasteten Kanton unterzubringen, müssen sie häufig in direkter Nähe zu Siedlungsgebiet platziert werden. Betroffene Anwohner haben daher in ihren Gemeinden begonnen, Initiativen für einen angemessenen Mindestabstand einzureichen. Zur ersten Abstimmung über eine solche Initiative kam es im vergangenen Mai in Hagenbuch mit einem überwältigenden Ergebnis: 80% stimmten für einen Mindestabstand von 1’000 Metern. Seitdem macht das «Modell Hagenbuch» Schule: In Wildberg kam es kürzlich zur zweiten Abstimmung mit einem noch eindeutigeren Ergebnis: 102:1 für einen Mindestabstand von 7-mal die Höhe, mindestens 700 Metern.

    Mittlerweile wurden bereits in 28 Gemeinden Mindestabstandsinitiativen eingereicht, und es werden laufend mehr. Das ist schon gut ein Drittel aller betroffenen Gemeinden und betrifft fast die Hälfte aller geplanten Potenzialgebiete!

    Gemeinden, in denen bereits Mindestabstands-Initiativen eingereicht wurden: Altikon, Bäretswil, Bonstetten, Dägerlen, Egg ZH, Hagenbuch, Hedingen, Hittnau, Hombrechtikon, Kappel am Albis, Knonau, Küsnacht, Maschwanden, Meilen, Mettmenstetten, Obfelden, Oetwil am See, Ottenbach, Pfäffikon ZH, Rifferswil, Russikon, Stäfa, Wald, Weisslingen, Wetzikon, Wila, Wildberg, Zollikon.

    Der Widerstand wächst
    Der Verein «Freie Landschaft Zürich» trat bereits Anfang letzten Jahres (2022) an die Öffentlichkeit und stiess mit seiner grundsätzlichen Kritik an der Nutzung von Windenergie im Kanton Zürich auf grosses Interesse. Flyer wurden verteilt, organisierte Infoveranstaltungen waren sehr gut besucht und erstmals wurden realistische Visualisierungen von möglichen Windparks vorgestellt. Nach der Bekanntgabe der völlig überrissenen Windenergie-Ausbaupläne der Baudirektion bildeten sich schnell regionale Initiativen wie z. B. die «IG Pro Bachtel» in Hinwil. Neben vielen Einzelkämpfern engagiert sich vor allem die SVP sehr stark in mehreren Gemeinden und Bezirken, aber auch die FDP wurde aktiv wie in Russikon, wo eine Veranstaltung zur Windenergie 600 Besucher anzog. Kantonsräte der SVP reichten zudem eine Parlamentarische Initiative ein für einen grundsätzlichen Mindestabstand von 1’000 Metern im kantonalen Planungs- und Baugesetz, sofern die Gemeinde selbst nichts anderes bestimmt.

    Baudirektor Neukom kontert mit Drohung und Einschüchterung
    Schon bei Vorstellung seiner Pläne hatte Baudirektor Martin Neukom (Grüne) angekündigt, das Planungs- und Baugesetz so ändern zu wollen, dass die Gemeinden nicht mehr mitbestimmen dürfen – also diejenigen, die die Lasten der Windenergie zu tragen haben, sollen von der Entscheidung ausgeschlossen werden! Zu den Mindestabstandsinitiativen sagte er: «Solche Vorschriften würden das Ende der Windkraft in Zürich bedeuten», und versuchte in einem Rundschreiben, die Gemeinden einzuschüchtern: Mindestabstände wären rechtswidrig, Gemeinden seien für Regelungen ausserhalb der Bauzonen nicht zuständig und der Kanton würde solche Bestimmungen nicht genehmigen.

    Dem widersprechen Juristen vehement: Das Bundesgericht hat im Fall Tramelan (BE) in einem Grundsatzurteil bestätigt, dass Gemeinden Abstandsvorschriften für Windkraftanlagen erlassen dürfen. Gemeinden dürfen Vorschriften für ihr gesamtes Gemeindegebiet erlassen, denn für ein Verbot gibt es keine gesetzliche Grundlage. Für Initiativen gilt darüber hinaus «in dubio pro populo»: im Zweifel muss für die Gültigkeit einer Initiative entschieden werden. Alt-Bundesrichter Prof. Dr. Karl Spühler kritisierte Baudirektor Neukom scharf: «Er tritt die Gemeindeautonomie und die demokratischen Rechte der Stimmberechtigten mit Füssen. Dies, um eine geringe Menge Strom zu gewinnen.»

    Als einzige Gemeinde hat bisher aber nur Bäretswil eine Initiative für ungültig erklärt. Die Initianten haben dagegen Stimmrechtsrekurs eingelegt, womit es zu einer gerichtlichen Beurteilung kommt.

    Vernichtendes Urteil der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz
    Dass die Zürcher Windenergieplanung völlig überrissen ist, zeigt auch die Beurteilung durch die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL): 30 von 46 Standorten, das sind ganze zwei Drittel der geplanten 46 Potenzialgebiete, werden ablehnt, davon 22 mit der Beurteilung «sehr negativ». Wenn sogar die SL so viele Standorte ablehnt, dann spricht das Bände, denn die SL ist keineswegs grundsätzlich gegen Windenergie eingestellt und unterstützt die Energiestrategie.

    So sehr der Widerstand gegen die Windräder zunimmt, so wenig hört man aber in letzter Zeit aus der Baudirektion.

    Siegfried Hettegger
    Freie Landschaft Schweiz

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